
AOR/Melodic Metal
Es gibt gewisse Dinge, die man beachten sollte, wenn man einen Filmmitschnitt plant. Zunächst mal: eine Location wählen, die nicht nach der Aula des lokalen Gymnasiums aussieht. Und ich meine nicht das altehrwürdige Gebäude, sondern dieses hässliche Teil aus den Siebzigern (so eins gibt es in JEDER Stadt!).
Von Anfang an versprüht die Veranstaltung den Charme einer Schulaufführung. Das Publikum sitzt brav auf Plastikstühlen, ab und zu rennen genervte Blagen durch die Sitzreihen und die Band agiert auf hellem Linoleumboden, was echt scheiße aussieht. Dafür verdeckt sie fast vollständig den Blick auf das Orchester. Immerhin sieht man die komischen Videoeinspieler auf der Leinwand. Die sorgen dann richtig für Stimmung. Oder? Nein, tun sie doch nicht. Aber das macht dann auch nichts mehr, wenn die südhessischen Zuschauer vom südhessischen Sänger mit den Worten "Come on!" oder "Are you having a good time?" angefeuert werden oder wenn der 'Narrator' und Storyautor Rob Salzwedel völlig asynchron zu Playback seine erzählerischen Zwischenparts 'vorliest'. Und wenn man schon ein Drumsolo drin hat, warum lässt man sich dann nicht auch mal das Orchester austoben, von dem man sowieso kaum was mitkriegt?
Kennt ihr das Gefühl, wenn einem das peinlich wird, was Leute (die man nicht mal kennt) auf dem Bildschirm verzapfen? Mat von Spectre Dragon nannte das mal 'Fremdschämen'. Als wäre der Provinzfaktor noch nicht völlig ausgereizt, kommt bei der (fürchterlichen) Ballade "Imagine" (haha!) eine Hausfrau als zweite Stimme aufgelaufen, die aussieht wie frisch von Omas Beerdigung entlaufen. Aua.
Die "Special Features" sind auch sehr lustig. Hat man sich mal durch das völlig unübersichtliche Menü gekämpft findet man unter "Circle of pain TV-Show" einen Auftritt beim Rhein-Neckar Fernsehen (Hossa!). Vollplayback und ohne Kabel in den Klampfen, aber dafür mit rosa Neonlicht und einem begeisterten Publikum...bestehend aus Grundschulklassen! In dem "Making of The Live Background Videos" (SO müssen Titel sein: kurz und knapp!) lernt man dann, wie Tische und Grabsteine abgefilmt werden ("Bitte nicht bewegen!"), natürlich unkommentiert und in voller Länge. Wer noch nie erlebt hat, wie Studenten einen Kurzfilm zusammentrümmern könnte das sogar für zwanzig Sekunden interessant finden. Halbwegs interessant ist eigentlich nur der "Backstage"-Part, aber auch nur bedingt. Gezeigt wird der Aufbau, die Band erzählt ein bisschen was, viele Leute sind im Dunkel verborgen, es wird rumgeschleimt ("Ich bin so froh, dabei zu sein,blablabla.") and so on.
Also alles scheiße im filmischen Südhessen? Nö, nicht ganz. Wie auch auf der CD nachzuhören, sind COP durchaus kompetente Musiker und die DVD enthält unter "Ballads & Tributes" einige Coversongs, die auf der CD nicht enthalten sind. Da es sich anscheinend um Aufnahmen vom SCORPIONS – Supportslot in Niedernhausen handelt, ist das ganze Setting auch optisch viel edler. Leider lässt es sich Sänger Uwe Johann bei "Knocking on heaven’s door" nicht nehmen, das Publikum zum Mitsingen aufzustacheln. Dabei zeigt die Kamera ihn von hinten, was einerseits Gelegenheit gibt, das sehr schöne Theater zu begutachten, aber anderseits halbleere Ränge zeigt und ein Publikum, wie es tiefenentspannter nicht sein kann. Sehe ich da etwas Frust in Herrn Johanns Dackelaugen?
Nein, empfehlen kann ich diese DVD nicht. Wer nicht völlig auf COP abfährt, ist definitiv mit der Audioversion völlig bedient. Es sei denn, man möchte mal sehen, wie es eine eigentlich ganz gute Band es schafft, sich völlig zum Horst zu machen.
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Metal OWL - 6. Nov, 21:29